Artikel "Zucht
& Geld"
Mit freundlicher Genehmigung von Marianne Bunyan, Autor des Buches "Whippets - einer ist nie genug"
Grau ist die Theorie
Wer kennt ihn nicht, den Spruch: Züchter wollen nur Kohle machen. Die verdienen
doch genug mit dem Verkauf ihrer Hunde, bei den Preisen? Die Medien sind voll
davon, von journalistisch theoretischem Kalkül, nachgefaselt in der Bevölkerung,
alles was mit Hundezucht zu tun hat, ist schon mal suspekt, denn wo Geld im Spiel
ist, muss etwas verdächtig sein. Das ist in der Welt da draußen nicht anders als in
der Szene selbst. Auch hier rechnen Kritiker flink Anzahl der Würfe x
Welpenkaufpreis zusammen und finden es bestätigt: Die Züchter müssen sich ja eine
goldene Nase verdienen. Wenn von Züchtern gesprochen wird, dann sind auch
solche gemeint: seriöse Menschen, die aus Liebe zu ihren Tieren einer
Beschäftigung frönen, die ein Zuchtziel verfolgen und die alles in ihre Tiere stecken.
Jeder kluge Züchter, ob nun Pferde, Rinder, Hunde, Katzen, Vögel oder Karpfen
weiß, dass nur etwas herauskommt, wenn man zuvor genug hineingesteckt hat. Das
aber scheint bei der Meinungsmache und vorschnell gewählten Verurteilung der
Züchter schlechthin gänzlich unterzugehen. Und offensichtlich sind da selbst die
vielen Theoretiker in den Vereinen, die "normalen" Hundehalter und selbst einige
Züchter untereinander, die es besser wissen müssten, nicht fein, dem anderen
Profitgier zu unterstellen. Denn diese Schiene zu fahren wirkt immer. Das versteht
sogar der Dümmste. Und es ist eine scheinbar legitime Art Neid und Mißgunst zu
verspritzen....
Liegen Windhundzüchter, die ja bekanntlich für einen kleinen Liebhaberkreis züchten
und keine Rassen, die in Mode sind, mit ihren Welpenpreisen richtig? Diese Frage
hatte sich schon Dr. Willimzik in seinem Artikel gestellt. Hierin wird aber versucht
allen Seiten gerecht zu werden, denen des Käufers und des VDH´s und letztendlich
des Züchters. Und vor allem wird der Begriff Gewinnstreben oder Gewinnoptimierung
als dem Status des Liebhaberzüchters klar widerstrebend dargestellt. Meine
Intension liegt ausschließlich bei den Züchtern, denjenigen, die auch die Arbeit
leisten und die Interessen des VDH´s stehen auf einem ganz anderen Blatt.
Kennt man die Praxis und viele, viele Züchter, dann sieht die Sache ganz, ganz
anders aus. Von Gewinnstreben kann überhaupt nicht die Rede sein. Wieviele
Züchter machen nichts anderes, als von den Einnahmen aus dem Welpenverkauf
Löcher zu stopfen? Wieviele Züchter verzichten selbst auf alles, nur damit es ihren
Hunden und Welpen an nichts mangelt? Fragt man die Züchter nach ihren Kosten,
dann zucken sie nur die Achseln. Mal ehrlich, wer davon rechnet wirklich nach?
Und dann passiert ein Unfall und unerwartet kommen hohe Tierarztkosten auf den
Züchter zu und schon ist er wieder in den roten Zahlen. Aber die Unterhaltskosten
laufen weiter. Und so hangelt er sich von Wurf zu Wurf. Das ist die andere Seite der
Medaille. Wer als Züchter nicht das Glück hat im ererbten Geld zu schwimmen, wer
keinen Partner hat, der bereit ist, für das Hobby seines Lebensgefährten oder seiner
Frau, sein im Büro oder Geschäft hartverdientes Geld vor die Hunde zu werfen, der
muss von einem normalen bis guten Einkommen nicht nur leben, sondern auch noch
die Hundehaltung und -zucht bestreiten. In der Regel muss er aber auch genug Zeit
zur Verfügung haben, um sich seinem Hundebestand zu widmen und das geht von
der Arbeitszeit ab. Also bleibt vielen Züchtern gar nichts anderes übrig, als mit einer
Halbtagsstelle zufrieden zu sein und die Hundehaltung und das Hobby selbsttragend
zu gestalten. Sprich: Was die Hunde kosten, muss durch die Welpen (wenigstens
teilweise) wieder hereinkommen. Wehe aber die Planung geht nicht auf. Hunde sind
keine Antiquitäten, die man entstaubt, die aber ansonsten ohne weitere Beachtung
im Wert steigen. Es sind Lebewesen, die alt und krank werden, die gebissen werden
können oder sich auf Spaziergängen verletzen. Sie können auch urplötzlich durch
einen Unfall zu Tode kommen. Nichts ist sicher, nichts ist planbar..
Anfang des Jahres erzählte mir eine Züchterin, dass sie sich eine tolle Hündin aus
den USA gekauft hätte. Viel zu teuer, natürlich, aber sie ist es wert, denn sie wäre
genau das Mosaiksteinchen, das ihr in ihrer Zuchtplanung fehlte. Diese tolle Hündin
wurde dann von einem ebenso tollen Rüden gedeckt, der im entferntesten Teil
Europas stand. Allein die anfälligen Reise- und Deckkosten betrugen ein kleines
Vermögen und dann... ja dann hatte die Hündin einen Kaiserschnitt und nur einen
Welpen. Jeder normale Geschäftsmann würde dazu sagen: Was sich nicht
amortisiert, ist ein Konkursunternehmen. Aber Züchter sind halt keine
Geschäftsleute. Sie züchten mit dem Herzen und sie verfolgen ideelle Ziele und
niemals machen sie eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf.
Motivation kommt aus dem Bauch
Hundezüchter wird man auch nicht, weil man Geld im Überfluss hat und sich nun mal
nach einem lustigen Hobby umsieht. Hundezucht macht Arbeit, Dreck und Mühe.
Hundezucht kostet Schweiß und Tränen, Kraft und Nerven. Das ist nicht wie
Golfspielen in schicken Klamotten auf feinem Grün, wo man nur eigene Fehler
machen kann. Hundezüchter wird man aus Passion zu seiner Rasse. Als
Hundezüchter ist man von vielen äußeren Faktoren abhängig, die man nicht
beeinflussen kann. Das fängt mit dem Haus und Garten an und endet meist schon
am Nachbarszaun. Die meisten Beschwerden hundefeindlicher Nachbarn haben
schon manchen Züchter nicht nur in die Verzweiflung sondern in den finanziellen
Ruin getrieben. Ein Pärchen hatte Haus und Grundstück gekauft und alle
erforderlichen Genehmigungen durch die Behörden und den Amtsveterinär. Dennoch
haben Nachbarn es geschafft, die offensichtlich in ihrer Wohngegend die beiden
wirklich ordentlichen Herren nicht dulden wollten, dass die Hundezucht verboten
wurde. Hundezüchter sind emotional erpressbar, das weiß inzwischen jeder. Und da
muss es lange nicht um die Hunde gehen. Sie sind nur der Vorwand und es ist ein
leichtes, den unerwünschten Nachbarn wieder loszuwerden. Auch Eigentum ist da
nicht sicher und wer zur Miete wohnt, ist noch schlimmer dran. Etliche Hundezüchter
haben eine ganze Odysee durch Deutschland antreten müssen, nur um einen
geeigneten Platz für sich und die Hunde zu finden. Wette auch darüber haben sich
die wenigsten je Gedanken gemacht, die so auf die Einnahmen der Züchter neidisch
sind.
Dann kommen die Zuchtbestimmungen in unserem Land hinzu, die vor jeder
"Betreibung" einer Zuchtstätte den Zuchtwarten erlaubt, das Haus vom Keller bis
zum Dach, vom Schlafzimmer bis zum letzten Gartenzipfel zu kontrollieren. Um die
Mindesthaltungsbedinungen, wie es so schön heißt, zu erfüllen, muss der Züchter
etliche und auch nicht gerade kostengünstige Veränderungen vornehmen, An- oder
Umbauten und Welpenzwingeranlagen erstellen (lassen) ggf. die Fenster vergrößern,
damit genug Licht einfällt, den Boden fliesen lassen, Heizungen einbauen, den Zaun
verändern usw. usf. Und dann kann es dem geneigten Züchter passieren, dass die
Zuchtstätte dennoch aus der subjektiven Ansicht nach nicht gefällt. Mal ist der
Welpenauslauf zu groß, mal zu klein, mal zu steil, mal zu weit ab, mal zu nah am
Verkehr, mal zu schattig, mal zu sonnig. Neue Kosten, neue Arbeit. Man will ja
schließlich das Beste für seine Welpen. Auch die anderen, erwachsenen Hunde
werden inspiziert sowie deren Unterbringung und Allgemeinzustand. Wie ist die
Betreuung der Hunde geregelt? Wieviele Hunde und wieviel Betreuungspersonen?
Welche Rassen werden noch gehalten? Wie alt sind die Hunde? Merke: Bis zu
diesem Zeitpunkt ist noch nicht ein einziger Wurf gefallen.
Die Kosten aber summieren sich: Versicherungen, Vereinsbeitrag, Zwingerschutz,
Zwingerabnahme, Fahrgeld für den Zuchtwart, An- und Umbauten, Welpenzwinger,
ggf. großer Zwinger, möglichst alles vom Feinsten, damit man einen guten Eindruck
hinterläßt und ein Aushängeschild für den Verein ist. Hierbei darf nicht gespart
werden, auch wenn die Einstiegskosten schon einige Monate des Ausgleichs
bedürfen und erst mal wieder "herein" kommen müssen. Das mag man nun drehen
und wenden wie man will. Fakt ist ein Loch in der Kasse und das vergrößert sich
schneller als einem lieb ist. Es kommen die notwendigen Besuche von
Veranstaltungen hinzu. Jeder Züchter möchte mit dem Besten züchten, sonst würde
sich Zucht an sich zum Absurdum führen. Also müssen die Zuchttiere schon ein paar
Erfolge verbuchen können. Die Meldegelder und Reisekosten verschlingen den
Großteil der Ersparnisse, selbstverständlich ist auch die optimale Ernährung, denn
alle Schönheit und Gesundheit geht nun mal zum Maul hinein und beste tierärztliche
Betreuung. Hinzu kommen ggf. Erwerb einer neues Zuchthündin, die
Zuchttauglichkeitsuntersuchungen, Ankörungen, DNA-Tests, Hundepässe und
Deckkosten, Reisekosten und Aufzuchtskosten, Chippen, Impfungen, Wurmkuren,
Ahnentafeln, Wurfabnahmen, Werbekosten usw.
Jeder ordentliche Züchter muss einige Hunde als Stammhunde behalten. Diese
werden älter und fallen nach 8 Jahren aus der Zucht. Damit sind sie (zum Glück)
aber nicht weg, sondern leben in der Regel noch weitere 5-8 Jahre. Sie müssen
genauso gut und ggf. besonders gefüttert, versorgt und betreut werden, einige
werden im Alter krank und bedürfen gesonderte tierärztliche Versorgung. Jungtiere
müssen behalten und wiederum auf den Weg gebracht werden. Wenn alles gut geht
und nichts passiert, alle Hunde gesund bleiben und nur mit gelegentlichen
Verletzungen leben, dann kann der Züchter froh sein, wenn er durch seine Würfe die
Kosten gerade mal deckt. Das ist vom Chihuahua bis zur Deutschen Dogge nicht
anders.
Emotionale Erpressbarkeit
Je erfolgreicher nun ein Züchter ist, umso größer wird die Nachfrage nach seinen
Welpen. Das wiederum hat zur Folge, dass der Züchter auch genug Zuchthündinnen
behalten oder kaufen muss, um wenigstens im Jahr zwei Würfe ziehen zu können.
Die Zuchtspanne ist relativ kurz. Einmal im Jahr darf eine Hündin belegt werden, d.h.
wenn sie gesund und fit ist, könnte sie theoretisch in ihrem Leben maximal 7 Würfe
haben(* Nachtrag neu= im DWZRV ist die Anzahl der Würfe auf vier beschränkt
worden). In der Praxis werden aber pro Hündin durchschnittlich nur 3 bis 5 Würfe
gezogen, sehr, sehr oft auch weniger. Das heißt, dass ein Züchter mindestens immer
3 Hündinnen im zucht(bestimmungs)fähigen Alter besitzen muss, um den Anschluss
nicht zu verlieren. Nach spätestens 6 Jahren muss er sich Neues herangezogen
haben, damit die vakante Stelle wieder besetzt ist. Schnell kommt er dann mit seinen
Veteranen nach 11 Jahren schon auf eine stattliche Anzahl von 9 Hündinnen
mindestens. Die Fütterung von 9 Hunden kostet allein je nach Rasse von 9,- bis 18,-
€ pro Tag, das sind im Jahr 3.285,- bzw. 6.570,-€. Rechnen wir einfach über den
Daumen nur 20 Veranstaltungen pro Jahr, an denen der Züchter mit seinen Hunden
teilnimmt, oft sind das jedoch wesentlich mehr, schließlich werden uns an die 70
Ausstellungen und genauso viele Renn- und Coursingveranstaltungen geboten. Und
das schlägt noch mal zu Buche, denn nach oben ist alles offen.
Diese Kosten gehören direkt zur Zucht hinzu und dürfen m.E. keineswegs vom Tisch
gewischt werden, was viele zwar gern tun, weil sie meinen sie nehmen mit ihren
Hund auch teil ohne Züchter zu sein. Richtig: diese engagierten Windhundfreunde
machen es aber freiwillig. Ein Züchter hingegen ist dazu verpflichtet, seine
Nachzucht auch zu präsentieren. Würde er es nicht tun, dann wären schnell die
bösen Zungen da, ihn einen Vermehrer zu nennen. Auch hier muss er manche Dinge
tun, die er sich vielleicht gar nicht leisten kann. Wer einen gesunden Ehrgeiz hat,
kommt eh nicht drum herum. Was würden ihm all seine tollen gezüchteten Hunde
nützen, wenn die Welt davon nichts mitbekommt. Schließlich hat er eine Idee und die
muss er auch zeigen. Und es ist auch ein Weg neue Besitzer für seine künftigen
Welpen zu bekommen. Ohne Käufer hätte sich seine Zucht schnell von allein
erledigt.
Jeder Mensch hat das Recht, für gute Arbeit einen angemessenen Lohn zu erhalten.
Ein außenstehender kluger Mensch, der einiges über erfolgreiche Hundezüchter
mitbekommen hat, die innerhalb von 40 Jahren eine Rasse aus dem Nichts an die
Spitze gezüchtet hatten, fragte mich: "Es kann doch nicht möglich sein, dass
Menschen, die ein Leben lang die Besten in ihrem Job waren, am Ende nicht einen
Pfennig davon haben?" Gute Frage!
Wie ist es denn nun möglich? Wenn Züchter sich doch angeblich die Taschen füllen,
kann hier etwas nicht stimmen. Oder ist es doch eher so, dass bei einer sorgfältigen
seriösen Hundezucht nichts an großen Gewinnen rauskommt? Die unterschwellige
Meinung in der Hundeszene ist: Wer sich einem Hobby verschreibt, darf nicht
erwarten, dass ihm andere seinen Spaß bezahlen? Na ganz so spaßig ist es ja nicht.
wie schon im Artikel Hundezucht - Hobby oder Profession zu lesen war. Viele
Hundehalter und reine Theoretiker, die niemals im Leben je einen einzigen Wurf
gezogen haben und Züchter nur von Besuchen mit drolligen Welpenkindern her
kennen, meinen es ist alles so schön und mache doch nur Freude. Was wissen sie
von den Hintergründen? Was kennen sie von den Ängsten und Sorgen, den Nöten
und Entbehrungen? Eine designierte leider viel zu früh verstorbene erfolgreiche
Cockerspaniel-Züchterin sagte mir, nachdem sie ihre Zucht aufgegeben hatte, dass
die Lebensqualität eines aktiven Züchters gleich null ist. Mit ein paar Hunden könne
man wenigsten noch verreisen oder sich ein zwei Tage Auszeit gönnen. Aber mit
einem kompletten Bestand ist man mehr oder weniger rund um die Uhr ans Haus
gefesselt. Und dort hat man nie seine Privatsphäre, weil Hundeleute dazu neigen
sich nicht an Geschäftszeiten zu halten und die meisten Besuche
zweckmäßigerweise an den Wochenenden stattfinden. Das alles weiß niemand, der
die Sache nur von außen betrachtet. Man stelle sich vor, es handele sich um einen
anderen Familienbetrieb, der ein Exklusivprodukt herstellt, das begehrt ist und nur
von dieser Manufaktur hergestellt werden kann, sozusagen nach einem
Geheimrezept. Würde nur ein einziger Mensch auf die Idee kommen, dem Chef
vorzuwerfen, er würde damit Geld verdienen wollen?
Erfolge eines Züchters schlagen sich selten in barer Münze aus. Tatsächlich aber in
Pokalen und Urkunden, die wiederum viel Geld an Meldegebühren und Fahrtkosten
erfordern, bis sie überhaupt gewonnen werden können.
Ein Züchter gibt etwas an die Gemeinschaft weiter und agiert nicht nur für sich in
seinem Kämmerlein. Züchter geben den Menschen etwas, das in der Bedeutung mit
Geld eh nicht aufzuwiegen ist. Sorgfältig aufgezogene und gut sozialisierte Welpen.
Der Hund ist nicht nur der älteste Begleiter des Menschen, er ist zugleich ein
Geschöpf des Menschen selbst. Und damit spiegelt er das weite Spektrum der
komplexen menschlichen Gefühle wider und Hundehaltung ist nun einmal eine rein
emotionale Angelegenheit und nicht selten sogar eine Notwendigkeit.
Hierzu möchte ich B.M.Levinson zitieren:"Der Fortschritt, den die Gesellschaft heute
erlebt, fordert einen hohen Preis in überall sich steigernden psychischen
Katastrophen. Früher lebten Familien in übersichtlichen, festgeformten
Gemeinschaften, in allgemeingültigen Ordnungsprinzipien. Das Privat- und das
Berufsleben waren überschaubar, Kinder konnten am Beispiel der Erwachsenen
erleben, wie die Welt später auch für sie aussehen würde. Heute wachsen viele
Kinder nahezu heimatlos auf. Das Leben der Erwachsenen ist für sie nicht mehr
nachvollziehbar; sein Wert erscheint ihnen außerdem durch wohlgemeinte, kritische
'Aufklärung' fragwürdig. Das Zuhause hat sich, von einem Ort gemeinsamer Aktion
und Kommunikation, in ein Dienstleistungs- und Konsumunternehmen verändert. Mit
dem Erwachsenwerden ist nicht ein Verwachsen und Hineinwachsen in eine immer
vertrauter werdende Welt verbunden; im Gegenteil wachsen Menschen heute in eine
ihnen immer befremdender, feindlich erscheinende Welt hinein. Heute ist ein Hund in
der Familie vielleicht das einzige, was Eltern und Kinder gemeinsam interessiert.. Ich
sehe es selbst an vielen unserer Hundebesitzer und habe es am eigenen Leibe
erfahren dürfen. Freundschaften, die nur durch und wegen der Hunde zustande
gekommen sind...und die zudem über jahrzehntelang halten und weit über das
gemeinsame Interesse am Hund reichen. Levinson fährt fort: "Vielfach kann ein
'Liebesobjekt", in der Gestalt eines Hundes, vielen Menschen helfen, ihre innere
Balance wiederzufinden und ihre Fähigkeit, Kommunikation und Fürsorge zu geben
und zu empfangen, wieder aufleben lassen. Es ist heute beweisbar, dass in vielen
Familien ein Hund schon lange kein Luxus mehr ist, sondern eine Notwendigkeit!"
Zucht als soziale Interaktion
Aus dieser Sicht wäre auch die Hundezucht mehr als nur ein kleinkünstlerisches
Hobby. Anders gefragt: leisten Hundezüchter so etwas wie Sozialarbeit? Wenn ich
an die vielen familiären Kontakte denke, die sich durch einen Hund zwischen sehr
vielen Züchtern und Besitzern ergeben haben, dann ist dieser Gedanke gar nicht so
abwegig. Vielleicht ist das sogar der ausschlagebende Punkt. Soziales Engagement
wird in unserer Gesellschaft nie mit Geld entlohnt. Es wird vorausgesetzt, aber nicht
adäquat bezahlt. Wir kennen heute zwar von allem den Preis, aber nicht den Wert.
Und die meisten Hundezüchter schämen sich(oder sie tun so), einen Preis für ihre
Welpen überhaupt öffentlich zu machen. Viele sagen, es sind doch meine "Kinder"
und die kann ich doch nicht auspreisen. Das zeigt das innige Verhältnis der Züchter
zu ihren Hunden, sicher etwas überspannt, aber welcher Künstler ist das nicht? Und
sie haben natürlich recht, denn ein Hund ist nun mal kein Stück Porzellan, sondern
ein Lebewesen. Züchter sind auf die Einnahmen angewiesen, um ihre laufenden
Unterhaltskosten für die Hunde in einem erträglichen Maß zu halten und die Welpen
haben natürlich auch ihren Preis. Aber man findet höchst selten in einer Anzeige,
dass Welpen "zu verkaufen" sind, sie sind allerhöchstens
abzugeben.
Die Furcht als "geschäftstüchtig" daher zu kommen ist groß. Dabei weiß jeder, der
sich einen Rassehund von einem guten Züchter kauft, dass die Hunde nicht umsonst
zu haben sind. Jeder, der sein Herzblut, sein Wissen, seine Arbeitskraft und jede
komplette freie Minute in seine Hunde investiert, muss auch das Recht haben für
einen Welpen einen angemessenen Preis zu verlangen und zwar ohne dass ihm das
negativ ausgelegt wird. Kein Züchter rekrutiert seine Kunden mit Gewehr im
Anschlag an der Straße. Seinem Engagement und seinen Bemühungen zufolge
macht er durch gute Arbeit auf sich aufmerksam. Von Nichts ist Nichts. Durch sein
soziales Engagement auch seinen Welpenbesitzern gegenüber, bringt der seriöse
Züchter sich ein. Er sagt, dass seine Verantwortung für seine gezüchteten Hunde
niemals endet. Er hilft, wenn Not am Mann ist mit Rat und wenn möglich auch Tat.
Wieviele Züchter haben in ihrem Besitzerkreis über Jahre dauerhafte Kontakte
aufgebaut und dadurch sind Freundschaften entstanden, die weit über das Verhältnis
Züchter-Käufer hinausgehen? Vielleicht macht auch das neidisch? In einer Zeit, in
der so viele Menschen einsam sind und niemanden haben, mit dem sie mal ein Wort
wechseln können, steht der Züchter als Beispiel für ein funktionierendes Modell für
ein Miteinander in einer Art Vorbildfunktion. Er beweist täglich aufs Neue, dass er es
versteht mit wildfremden Menschen Kontakte zu knüpfen, Verbindungen herzustellen
und jederzeit ansprechbar ist. Hundezucht ist also ein 24-Stunden-Job und das 365
Tage im Jahr.
Rechnung neu aufmachen
Wo finden Sie heute einen 24-Stunden-Bereitschaftsjob, der nicht entlohnt wird? Bei
einem Stundenlohn von nur 10 € würde sich dieser „Job“ mit 87.600 € jährlich als
„Verdienstausfall“ rechnen. Woran wollen die Kritiker nun nach all dem hier gesagten
die angebliche Profitgier erkennen? Daran dass ein Multichampion 200 € mehr
Decktaxe kostet? Na Donnerwetter, was für ein Profit, nachdem das Zehnfache in
seine Ausstellungskarriere investiert wurde, damit er überhaupt seine Titel
zusammenbekommen konnte. Und wie oft deckt denn ein Rüde in seinem Leben?
Bis auf ganz wenige Ausnahmeerscheinungen schaffen es doch höchstens 5% aller
Champions überhaupt mal zur Zucht eingesetzt zu werden.
Mal ehrlich, selbst wenn sich der eine oder andere Züchter nachdem er einen Wurf
Salukis oder Irish Wolfhounds gut verkauft hat, sich seine Terrasse überdachen läßt
oder ein neues Auto anschafft, hat er sich das nicht im Schweiße seines Angesichts
redlich verdient? Wieso muss er überhaupt in die Lage geraten, sich in irgendeiner
Weise rechtfertigen zu müssen? Da kann jeder froh sein, der schon vor Beginn
seiner Hundezucht betucht genug war, sonst würde man ihm den Jaguar oder den
Wintergarten, den Swimmingpool oder das Wohnmobil neiden, weil er angeblich alles
„mit der Hundezucht“ verdient hat. Das Thema Geld hat wohl in keiner „Zunft“ eine so
ehrenrührige Bedeutung wie bei den Züchtern. Das rührt daher, dass das
Gewinnstreben in der Hundezucht nach Definition des VDH´s moralisch verwerflich
ist. Gerichte und Finanzämter sehen das ganz anders und machen den Züchtern die
Gegenrechnung auf: Hundezucht ist auf Dauer angelegt, auf Gewinnerzielung
gerichtet und geht von Umfang und Aufwand her eindeutig über eine Liebhaberei
hinaus. Eine Gewinnerzielungsabsicht wird allein dadurch begründet, dass die
Tätigkeit
• nach außen in Erscheinung tritt (selbstständig)
• planmäßig und
• fortgesetzt ausgeübt wird.
Soweit so gut oder schlecht. Demnach hat keiner das Recht, kein Zuchtverband und
keine andere Privatperson, einem Züchter, selbst wenn es ihm gelingen würde,
Gewinne zu erwirtschaften, das zum Nachteil auszulegen. Im Gegenteil, kann hier
sogar von einer Geschäftsschädigung ausgegangen werden.
Autorin: Marianne Bunyan, August, 2003
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